2011 bin ich als Alles-Esser eher zufällig auf das Thema vegan backen gestoßen. In der Mensa gab es damals einen Tag lang klimafreundliches, komplett veganes Essen. Am Info-Stand gab es dann auch Kuchen zum Probieren und Rezepte zum Mitnehmen. Trotz meiner Allergie gegen Sojamilch konnte ich es nicht lassen und musste den Kuchen verköstigen. Er war sooo lecker und ich habe ihn natürlich nachgebacken (Rezept hier).
Wie so häufig ist der erste Eindruck entscheidend. Ich habe später noch häufiger veganen Kuchen hier und da gegessen. Das meiste war in Ordnung, aber würde ich jetzt auch nicht als besonders lecker bezeichnen. Wäre nicht mein erster veganer Kuchen so überzeugend gewesen, hätte ich wahrscheinlich nie angefangen, vegan zu backen, hätte mich somit nie mit veganer oder überhaupt vegetarischer Ernährung auseinandergesetzt, und hätte meine Ernährung auch nicht umgestellt. Alle meinen veganen Rezepte findet ihr übrigens hier.
Wieso vegan backen?
Vegan backen ist nicht nur tier-, sondern auch umwelt- und klimafreundlich. Und wer sagt denn, dass man Veganer sein muss um vegan zu backen?
Ich habe damals damit angefangen, weil es so praktisch war (mehr dazu weiter unten) und meine erste Erfahrung mit veganem Kuchen mich hat daran zweifeln lassen, ob man wirklich tierische Produkte im Kuchen braucht - denn der Kuchen hat auch so besser geschmeckt als das meiste an Kuchen, was man sonst so bekommt. Irgendwie hat es für mich dann keinen Sinn gemacht, weiterhin mit Butter, Milch und Eiern zu backen. Man schadet damit Tieren, Umwelt und Klima ja für nichts und wieder nichts.
Auch heute bin ich nicht komplett vegan. Ich backe aber fast ausschließlich vegan. Seit einiger Zeit nun lebe ich tatsächlich komplett vegan. Das ist einfach so passiert. Seitdem ich in Bochum wohne, entdecke ich fortlaufend neue vegane Alternativen und Angebote, sodass es einfach gar nicht mehr dazu kam, aus Ermangelung an Möglichkeiten vegetarisch zu essen.
In den letzten zweieinhalb Jahren habe ich zwei mal nicht vegan gebacken - einmal, weil ich zum Geburtstag Eier von aus Legebatterien geretteten Hühnern geschenkt bekam, und ein weiteres Mal, weil ich wegen meiner Allergie gegen flüssige Sojaprodukte doch zum regulären Frischkäse statt zum Sojafrischkäse gegriffen habe, was aber eigentlich auch unnötig war, weil ich den Kuchen aufgrund des Sojajoghurts und der Haselnüsse drin (gegen die ich auch allergisch bin) sowieso nicht essen konnte.
Würde jeder häufiger mal tierische Produkte weglassen oder reduzieren, wäre schon viel getan. Vieles, was Massentierhaltung unterstützt, ungesund oder klimaschädlich ist, könnte man problemlos aus den Ernährungsplan streichen oder reduzieren, ohne dass es einem weh täte oder man es überhaupt merken würde! Beim Backen geht das wunderbar, und alle sind immer wieder erstaunt, dass der leckere Kuchen, von dem sie sich gerade ein Stück nachnehmen, vegan ist. Denn ob ein Kuchen schmeckt, hängt nämlich nicht wirklich von Eiern oder Butter ab. Wie auch bei "normalen" Kuchen gibt es welche, die schmecken, und welche, die nicht schmecken. Und bei den nicht-schmeckenden "normalen" Kuchen haben dann ja offenbar auch die Eier oder die Butter nichts gerettet ;).
Vegan backen - Umdenken
Wenn ihr gerade mit dem veganen Backen anfangt, möchtet ihr wahrscheinlich vor allem wissen, wie man Eier ersetzt. Klar, Butter kann man durch rein pflanzliche Margarine ersetzen, Milch durch Sojamilch. Wenn man dann noch den perfekten Ei-Ersatz hat, kann man los legen und alle seine alten Lieblingsrezepte einfach vegan backen.
Das geht natürlich auch, ist die landläufige Meinung und ich habe es anfangs ja genau so gemacht. Die Ergebnisse haben mich allerdings nie zufrieden gestellt. Es schmeckte einfach nie so gut wie das Original, die Konsistenz war manchmal komisch und wenn ich Bananen verwendet habe war der Bananengeschmack einfach zu allgegenwärtig. Ich habe bei meinen zahlreichen Experimenten festgestellt, dass man beim Backen einfach nur umdenken muss - und dass man dann Ei-Ersatz auch gar nicht braucht! Die Kuchen werden dann mindestens genau so lecker wie beim Original, man muss sich nur von der Vorstellung von "alles 1:1 ersetzen" lösen.
Einfache Zutaten, die man überall bekommt - kein Ei-Ersatz nötig
Ich war am Anfang verdammt verwirrt! Was brauche ich jetzt, was ich vorher nicht zu Hause hatte? Wo bekommt man all das her? Wieso gibt es so viele unterschiedliche Sorten von Ei-Ersatz?
Die gute Nachricht: Um leckere vegane Kuchen zu zaubern, braucht man bis auf Pflanzenmilch eigentlich keine ausgefallenen Zutaten! Und selbst Sojamilch bekommt man heutzutage in jedem Supermarkt, ja, sogar in jedem Discounter! Da ich gegen Sojamilch allergisch bin, verwende ich halt andere Pflanzenmilch und habe mich dabei etwas auf Hafermilch eingeschossen, man kann aber jede Pflanzenmilch nehmen, die man mag. Ich kaufe meine Pflanzenmilch (meist Hafer-, Reis-, Dinkel- und Mandelmilch) fast immer beim dm, weil sie dort auch BIO ist und ich (leider) häufiger im dm als im BIO-Markt bin. Man muss sich also nicht extra auf die Suche machen, sondern kann einfach nebenbei alles besorgen.
Meine Rezepte könnt ihr in der Regel mit Zutaten nachbacken, die ihr auch in einem normalen Supermarkt findet. Ich backe häufig auch mit Natron als Backtriebmittel, das hat aber nichts mit vegan oder nicht zu tun, sondern einfach damit, dass Natron eben auch Säure neutralisiert, was eine praktische Eigenschaft ist. Natron findet man übrigens in der Backabteilung in nicht-Discountermärkten.
Vegan backen kann so praktisch sein
Ich bin beim veganen Backen unter anderem auch hängen geblieben, weil ich eine spontane, nachtaktive, kochfaule Sau bin. Und wenn einem nachts die Backlust packt, fehlen einem häufig die verderblichen Backzutaten im ohnehin immer recht leeren Kühlschrank - Butter, Milch, Eier. Gut, inzwischen haben ja viele Supermärkte bis Mitternacht auf, das heißt aber noch lange nicht, dass ich Lust habe, dann noch los zu stacksen ;).
Alle Grundzutaten, die ich zum veganen Backen so verwende, sind gut haltbar und lassen sich wunderbar lagern: Mehl, Backpulver, Natron, Zucker, gemahlene Nüsse, Kakaopulver und eben auch Pflanzenmilch. Selbst angebrochen hält sich jegliche Pflanzenmilch im Kühlschrank deutlich länger als Kuhmilch.
Außerdem bevorzuge ich geschmacksneutrales Öl zu den gehärteten Fetten wie es Butter und Margarine sind. Öl enthält nicht nur mehr ungesättigte Fettsäuren und keine Transfette - Öl macht den Kuchen auch saftiger als Margarine. Der andere für mich sehr entscheidende Vorteil: Man kann alle Zutaten einfach und blitzschnell mit einem Schneebesen vermischen. Man muss also nicht noch das Handrührgerät raus kramen oder die Küchenmaschine anschmeißen (beides ist nachts allein schon geräuschmäßig nicht unbedingt ratsam, wenn man seine Nachbarn nicht gerade abgrundtief hasst). Achja, und Öl ist natürlich auch noch mal länger haltbar als Margarine ;).
Jaja, schön und gut. Aber wie funktioniert das denn ohne Ei-Ersatz? Man braucht doch was für die Bindung!
Weizenmehl an sich ist bereits ein sehr starkes Bindemittel, denn Weizen (und auch viele andere Getreidesorten) enthält Gluten, auch Klebereiweiß genannt.
Mit Wasser zusammen bildet das Gluten unter kneten und/oder rühren eine elastische Masse. Fett hingegen verhindert dies. Man kann das sehr gut am Brotteig sehen. Brotteige haben einen hohen Wasseranteil und kaum oder gar keinen Fettanteil. Durch das ausgiebige Kneten entsteht diese elastische Masse. Kuchenteige haben dagegen einen sehr hohen Fettanteil, weil dieser diesen Prozess verhindert. Deswegen wird übrigens auch immer in Rezepten darauf hingewiesen, auch Rührteige nicht zu überrühren. Ist ein Kuchenteig überrührt, ist Backpulver nicht mehr stark genug, um die Masse aufgehen zu lassen. Deswegen verwendet man auch Hefe für Brot, weil Hefe das stärkere Backtriebmittel ist.
Wer sich meine Rezepte ansieht, wird feststellen, dass der Fettgehalt in meinen Rezepten niedriger ist als in "normalen" Rezepten. Dafür ist der Flüssigkeitsanteil höher und immer weise ich darauf hin nur solange zu rühren, "bis sich alle Zutaten verbunden haben". Mit dem höheren Wasseranteil und dem gleichzeitig niedrigeren Fettanteil bindet der Teig besser, ist aber eben auch anfälliger fürs Überrühren.
Der erfreuliche Nebeneffekt ist, dass meine Rezepte dadurch kalorienärmer sind als ihre nicht-veganen Pendants.
Momentan bin ich übrigens dabei, herauszufinden, wie man gut glutenfrei und vegan backen kann. Bisher habe ich mich ja sehr auf das im Weizenmehl enthaltene Gluten verlassen. Ich habe auch schon einige glutenfreie und vegane Sachen gebacken, die zwar meinen Testessern schon geschmeckt haben, mit denen ich aber persönlich noch nicht zufrieden bin. Vielleicht muss ich dabei ja doch auf irgend einen Ei-Ersatz zurück greifen. Mal sehen, ich werde euch auf den Laufenden halten ;).
Nicht an seinen Vorstellungen festhalten
Wer schon länger backt, hat natürlich schon seine Routinen entwickelt. Mit dem Handmixer zu arbeiten gehört wahrscheinlich dazu. Das ist bei meinen Kuchen-Rezepten aber eher hinderlich, da man durch den verhältnismäßig niedrigeren Fettanteil viel zu leicht den Teig so überrühren kann. Wenn ich also schreibe "mit dem Schneebesen verrühren" meine ich auch "mit dem Schneebesen und nicht mit dem Handrührgerät verrühren".
Meine Teige sind auch eher flüssig und haben eine ganz andere Konsistenz als die wohlbekannten Rührteige. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass es keine Rührteige sind! Das heißt aber nicht, dass irgendetwas schief gelaufen ist und mehr Mehl rein muss. Wenn ihr den Teig nicht überrührt habt wird nach dem Backen alles gut sein und ihr könnt euch dann beim Verputzen über den saftigen Kuchen freuen ;).
OK, aber wie kann ich denn jetzt meine Lieblingsrezepte veganisieren? Hast du da bestimmte Regeln?
Es tut mir sehr leid, das so sagen zu müssen, aber ich mache das tatsächlich nach Gefühl... Durch die Erfahrung, die ich unter anderem durch meine zahlreichen misslungenen Versuche gesammelt habe, kann ich beim Backen inzwischen sehr gut abschätzen. Ich sehe tatsächlich währenddessen, ob noch mehr Mehl, gemahlene Nüsse, Öl, oder sonstige Flüssigkeiten dran müssen, und ich probiere die Teige und schmecke sie auch mitunter wie man es vom Kochen kennt ab. Das Rezept entsteht mit seinen genauen Mengenangaben also erst beim Backen. Ich schreibe mir dabei alle Mengen auf und wenn mir das Ergebnis nach dem Backen gefällt, kommt das Rezept auf den Blog. Ansonsten kommt es in meine "Rezeptschleife", wo Rezepte rein kommen, mit denen ich nicht zufrieden war und an denen ich dann weiter feile.
Wenn ihr sowieso gerne backt, dann scheut euch nicht davor, selbst zu experimentieren. Hier gilt der abgedroschene Spruch "Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen"! Auch heute noch gehen bei mir viele Sachen in die Hose, nicht umsonst ist mein Rezeptschleifen-Ordner auf dem Computer recht groß. Spielt einfach ein bisschen mit den Mengenverhältnissen und den Zutaten rum und habt Spaß daran :). Wenn dann nicht alles klappt, schmeckt es in der Regel trotzdem und auch für die missglückten und häufig eher nicht so ansehnlichen Sachen findet man erstaunlich viele dankbare Abnehmer!