Red Velvet Cake, übersetzt „roter Samtkuchen“, ist ein in den USA sehr beliebter Kuchen. Er besteht heutzutage meistens unter anderem aus Kakao, Buttermilch, Natron als Backtriebmittel und einer erschreckenden Menge an roter Lebensmittelfarbe.
Früher, bevor man auch mit Backpulver gebacken hat, kam neben Buttermilch auch häufig Essig als saure Komponente in den Teig, was zusammen mit Natron aufschäumte und dem Kuchen die fluffige, samtige Konsistenz gab, die dem Kuchen wohl den Namen verlieh. Die rote Farbe bekam der Kuchen, weil Kakao sogenannte Anthocyane enthält – ein fast überall enthaltener Pflanzenfarbstoff, der nicht nur in Beeren, sondern auch bei Rotkohl oder auch roter Beete für die rote bis blaue Färbung sorgt. Im Chemieunterricht lernt man, dass man Rotkohl-Blätter auch als soganannte Indikatoren für den pH-Wert benutzen kann. Nun ratet mal, woran das liegt ;). Genau, an den Anthocynen darin! In einem sauren Millieu wird das Rotkohlblatt rot, in einem basischerem Millieu blau. Ja, und zusammen mit der in Buttermilch und Essig enthaltenen Säure hat das Kakaopulver eben auch reagiert und den Kuchen rot gefärbt. Es wird auch vermutet, dass die Red Velvet Cakes damals gar nicht so strahlend rot waren wie die künstlich eingefärbten Pendants heute. Dass es einfach ein rötlicher Ton war, der für die Namensgebung ausreichte. Wie dem auch sei, heute funktioniert auch das rot-braun-Färben mit Kakao sowieso nicht mehr. Die heutzutage verkauften Kakaopulver enthalten in der Regel alkalisierende Stoffe, die die Säure wieder neutralisiert, sodass das Kakaopulver seine Farbe behält. Mehr dazu könnt ihr z.B. hier nachlesen :).
Ja, dass die Farbe nun vom pH-Wert abhing, wusste ich ja schon. Dennoch haben mir Red Velvelt Cakes bzw. Cupcakes schon des Öfteren Kopfschmerzen bereitet. Was ich auch tat, sie wurden immer eher braun als rot, und ich konnte mir das nicht erklären, weil ich doch nach Rezept vorging. Irgendwie neutralisierte sich mein Teig immer wieder! Lag es an den hiesigen Zutaten vielleicht? Ich wusste es nicht und es nervte mich. Die letzten Tage wollte ich dann endlich wieder mal einen weiteren Red Velvet Versuch starten, um das kleine Fläschchen roter Lebensmittelfarbe, das ich mal extra für Red Velvet Cake gekauft hatte, endlich mal aufzubrauchen. Denn für Red Velvet wird in den USA ebenfalls diese sehr flüssige rote Lebensmittelfarbe in Glasfläschchen verwendet.
Ich suchte im Netz nach einem veganen Rezept, das zu funktionieren schien und legte los. Das sollte doch dieses Mal hoffentlich klappen! Naja, wie ihr seht, ist mein Gugelhupf doch braun geworden, mit einem leichten rotem Schimmer, aber eben auch einem leicht grünlichem Stich, wie es auch bei Heidelbeermuffins passiert, wenn man nicht aufpasst.
Das hat mich einfach nicht losgelassen! Noch am gleichen Tag – oder eher in der Nacht des gleichen Tages – startete ich einen weiteren Versuch mit roter Beete statt künstlicher Lebensmittelfarbe. Heraus kamen die sehr fluffigen und leckeren Cupcakes links im Bild – im charmanten Braun mit Grünstich! Grrrrr!! Versuch Nummer 3 – in glutenfrei (Cupcakes rechts) – backte ich also mit meiner anvertrauten Pastenfarbe, die nämlich nicht pH-Wert-empfindlich ist! Pah, das sollte aber jetzt doch funktionieren! Hmmm… Schon näher dran, aber eher ein dreckiges Rosa mit deutlichem Kakao-Einfluss T__T… Wohl zu wenig Farbe… Aber lecker, muss ich sagen. Immerhin, hmpf…
Versuch Nummer 4 – inzwischen ist es bestimmt schon 3 oder 4 Uhr morgens – nun wieder mit Pastenfarbe und in #lowfat. Wenn ich schon am herum experimentieren bin, kann ich doch gleich etwas Erfahrung mit lowfat-Backen sammeln, dachte ich mir so ;). Der Teig war sooo hübsch rot, und dennoch kam der Kuchen wieder braun aus dem Ofen – ich verstand die Welt nicht mehr. Meine Pastenfarbe war doch nicht pH-Wert-abhängig!! Ich las also wieder nach und ärgerte mich sehr. Denn offenbar war das zu viel Farbe, da wird auch bei richtigem pH-Wert der Kuchen braun. An dem Punkt wollte ich nur noch ins Bett und vorher den Kuchen im hohen Bogen von unserem Balkon im 4. Stock werfen. Da denkt man, man lernt aus seinen Fehlern
Ja, und nun präsentiere ich euch Versuch Nummer 5, gebacken am nächsten Tag. Ich beschloss, mir lieber ein eigenes Rezept zusammenzustellen und auf meine Intuition zu hören, statt die anderen Rezepte nachzubacken. Schließlich waren das alles amerikanische Rezepte, und offenbar ist der pH-Wert sehr empfindlich und hängt auch maßgeblich von den Zutaten ab, und vielleicht enthält mein in Deutschland gekauftes Kakaopulver einfach zu viel vom alkalisierenden Stoff.
Ich entschied mich für die Form ohne Lebensmittelfarbe. Zum Glück hatte ich vorher drei groooße rote Beeten gekauft, daran sollte es also nicht scheitern :D. Statt Natron benutzte ich Backpulver. Backpulver ist eine fein Abgestimmte Mischung von Natron und einem Säurungsmittel, das sich komplett neutralisiert. Wenn man mit Natron backt, neutralisiert es die sonst im Teig enthaltene Säure, was Backpulver nicht tut. Die Zugabe vom Kakao habe ich auch reduziert, wer weiß, wie sehr mein Kakao eigentlich die für die Farbe benötigte Säure neutralisiert. Und um dann noch auf Nummer sicher zu gehen, gab’s in meinem Teig zusätzlich zum Essig (ja, traditionell wurde in den USA zumindest viel mit Essig und Natron gebacken, das ist in vielen amerikanischen Rezepten bis heute nichts ungewöhnliches) auch noch Zitronensaft, weil zu viel Essig einfach nicht so schmeckt und Zitronensaft ja eigentlich in Kuchen ganz lecker ist. Da die Cupcakes natürlich vegan sind, fällt ja auch die Buttermilch als Säurekomponente weg, was der Zitronensaft auch kompensieren soll.
Ich habe übrigens frische, uneingeschweißte BIO rote Beete aus Deutschland dafür verwendet. Natürlich könnt ihr auch die bereits geschälte und gekochte rote Beete nehmen, dann spart ihr euch das Kochen. Umweltfreundlicher ist es aber, wenn ihr euch die frische kauft, denn die ist nicht noch in Plastik eingeschweißt :P. Die eingelegte rote Beete im Glas solltet ihr nicht verwenden. Die hat zwar sicherlich einen sehr hohen Säuregehalt, lässt aber bestimmt die Cupcakes später sehr nach Essig schmecken.
- 150 g geschälte rote Beete
- 2 EL Wasser zum Kochen der roten Beete
- 3 EL Zitronensaft
- ½ TL Apfelessig
- 80 ml Öl, geschmacksneutral
- 1 TL Vanille-Extrakt oder 1 TL Rum/Pflanzenmilch und 10 g des Zuckers durch Vanillezucker ersetzen
- 200 ml Pflanzenmilch (z.B. Soja-/Reis-/Hafer-/Dinkel-/Mandelmilch, für die sojafreie Version auf eine andere Pflanzenmilch zurückgreifen)
- 180 g Mehl
- 10 g Stärke
- 1 EL Kakaopulver, ungesüßt
- 1½ TL Backpulver
- ¼ TL Salz
- 150-200 g Zucker je nach eigenen Vorlieben
- 250 g Puderzucker
- 90 g Pflanzenmargarine
- ½ EL Zitronensaft
- ½ TL Apfelessig
- 1 TL Vanille-Extrakt oder alternativ 1 TL Pflanzenmilch
- 2 TL Pflanzenmilch (keine Sojamilch, die flockt bei Kontakt mit Säure aus!)
- Rote Beete (ungeschält ca. 180g) schälen und in kleine Stücke schneiden.
- Rote Beete mit 2 EL Wasser in einem kleinen Topf auf mittlerer Hitze ca. 10 Minuten kochen.
- Ofen auf 175ºC Ober-/Unterhitze vorheizen.
- Die roten Beete mit der Flüssigkeit, Zitronensaft, Apfelessig, Vanille-Extrakt, Öl und Pflanzenmilch entweder im Mixer oder mit einem Pürierstab pürieren und zur Seite stellen.
- Mehl, Stärke, Kakaopulver, Backpulver und Salz in eine Rührschüssel sieben.
- Zucker dazu geben und mit dem Schneebesen vermischen.
- Die rote-Beete-Mischung dazu geben und mit dem Schneebesen nur so lange verrühren, bis sich alle Zutaten verbunden haben. Nicht wundern, der Teig ist sehr flüssig, das ist gewollt, denn das sorgt für ein elastisches, fluffiges und saftiges Ergebnis.
- Den Teig gleichmäßig auf die Cupcake-Formen verteilen. Es ist mehr Teig als üblich, d.h. die Förmchen werden ziemlich voll gefüllt. Das ist aber in Ordnung so, das liegt allein am hohen Flüssigkeitsanteil.
- Im Ofen auf mittlerer Schiene ca.20 bis 25 Minuten backen, bis ein eingestochenes Stäbchen sauber wieder heraus kommt. Danach komplett auskühlen lassen.
- Puderzucker und Margarine in eine Rührschüssel geben und mit dem Handrührer mit Rühraufsatz oder der Küchenmaschine mit Flachrührer so lange schlagen, bis sich beides verbunden hat. Die anderen Zutaten löffelweise dazu geben, dazwischen gut schlagen bis die Buttercreme schön fluffig und hell ist. Ein Troubleshooting zu Buttercreme findet ihr hier.
- Das Frosting auf die Cupcakes verstreichen oder aufspritzen.
- Ich habe von einem Cupcake oben ein bisschen etwas abgezupft und statt Zuckerstreusel diese Krümel auf die Häubchen gestreut. Das ist bei Red Velvet nicht unüblich :).